Nachhaltige Unternehmensführung 4.0

Ein Gastbeitrag von Dr. Colin von Ettingshausen zum wichtigen Thema Unternehmensführung.

Der Klimawandel, die Dynamik der geopolitischen Machtverhältnisse, die Strukturveränderungen durch Digitalisierung, Migrationsbewegungen oder der generelle Wertewandel erzeugen weltweit große Umbrüche. Jeder Aspekt für sich allein ist bereits eine Herausforderung. Hinzu kommt aktuell die Bewältigung der Corona-Krise, welche die laufenden Veränderungen weiter verstärkt. Die Dringlichkeit und Notwendigkeit für Nachhaltigkeit ist global, regional und lokal für alle Bereiche der Gesellschaft entsprechend hoch.

PPP = People + Planet + Profit

PPP = People + Planet + Profit

Unter Nachhaltigkeit ist der Dreiklang von People, Planet und Profit zu verstehen. In diesem Sinne bedeutet Unternehmensführung 4.0, ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich Werte zu schaffen. Ein Fokus auf finanzielle Kennzahlen und klassischen Shareholder-Value allein reicht schon lange nicht mehr aus, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Nachhaltige Entscheidungsprozesse müssen auch die drei Komponenten der Nachhaltigkeit beinhalten.   

Alle Unternehmen, unabhängig von Ihrer Größe, Eigentümer-Struktur oder Branche müssen zur Nachhaltigkeit ihren Beitrag leisten. Der Weg dorthin mag für Konzerne, Mittelstand oder Start-Ups verschieden sein, die Stellhebel jedoch ähneln sich. (Re-) Allokation von Kapital, bahnbrechende Innovationen, strategische Partnerschaften oder widerstandsfähige Geschäftsmodelle, um hier nur einige zu nennen.

Die Digitalisierung ist für diese und viele andere Stellhebel wie ein Katalysator. In einer Welt die immer unbeständiger, ungewisser, komplexer und mehrdeutiger wird, ermöglicht die Digitalisierung mit neuen Technologien einen kulturellen Veränderungsprozess zur Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens. Diese Erkenntnis muss im Bewusstsein aller Verantwortlichen verankert sein, denn Digitalisierung wirkt in allen drei Kategorien der Nachhaltigkeit.

Neue Technologien helfen den ökologischen Fußabdruck von Produkten und Dienstleistungen deutlich zu verringern. Das Klimaabkommen von Paris besagt, dass der CO2-Ausstoss bis 2030 halbiert und bis 2050 vollständig eliminiert werden muss. Es geht um nicht weniger als die Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft und der Lebensweise insgesamt. Kreislaufwirtschaft und erneuerbare Energien spielen für die Bewältigung dieser Menschheitsaufgabe eine zentrale Rolle.

Durch neue Material-Kreisläufe lässt sich wirtschaftliches Wachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln. Mit Hilfe der Kreislaufwirtschaft soll außerdem der Verbrauch und Gebrauch von Materialien im gesamten Produktlebenszyklus verbessert werden. Digitale Geschäftsmodelle und der steigende Einsatz nachwachsender Rohstoffe reduzieren den CO2-Fussabdruck weiter. Dies wird von immer mehr Kunden auch gefordert.

Um dem Klimawandel erfolgreich entgegenzutreten benötigt jedes Unternehmen eine entsprechende Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Nur so lassen sich die finanziellen Mittel erwirtschaften, die für das Erreichen der CO2-Neutralität nötig sind. Der ökonomische Erfolg eines Unternehmens lässt sich über digitale Prozesse optimieren, die wiederrum die Anlagenverfügbarkeit und Auslastung verbessern. Die Kosten für bestehende Arbeitsprozesse werden dadurch sinken.

Gleichfalls steigen die Steuerungs- und Entwicklungs-Möglichkeiten durch zusätzliche Erkenntnisse aus neuen Daten. Mit neuen Produkten und neuen Dienstleistungen lassen sich weitere finanzielle Mittel erwirtschaften, die für Investitionen und Innovationen in Zukunftsfeldern zur Verfügung stehen. Dadurch wiederrum lassen sich aktuelle und zukünftige Kunden-Bedürfnisse noch besser erfüllen.

Lieferketten werden über digitalisierte Prozesse auch wesentlich widerstandsfähiger. Im Mix der Transportmodi lassen sich Potentiale für die Verlagerung der Warenströme von der Straße auf CO2-neutralere Transportmittel besser realisieren. Die Digitalisierung bringt enorme Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit sich. Dadurch können signifikante wirtschaftliche Besserstellungen erreicht werden.

Klimaneutralität und wirtschaftlicher Erfolg sind eng mit gesellschaftlicher Akzeptanz verbunden. Ohne gesellschaftliche Akzeptanz werden sich die Klimaziele nicht realisieren lassen. Bei der Digitalisierung geht es nicht nur um neue Technologien, es geht insbesondere um die Menschen und um gesellschaftliche Nachhaltigkeit.

Der gesellschaftliche Teil von Nachhaltigkeit erfährt durch die Digitalisierung einen starken Push. Durch neue Arbeitsweisen und neue Technologien werden bestehende Arbeitsplätze wettbewerbsfähiger. Es fallen naturgemäß auch Arbeitsplätze weg, weil Routine-Tätigkeiten digitalisiert werden. Gleichfalls entstehen neue Arbeitsplätze mit ebenso neuen Anforderungsprofilen. Durch diesen zusätzlichen Bedarf an Fachkräften, steigt die Attraktivität einer Region und somit die Lebensqualität vor Ort.

Voraussetzung für die Nutzung digitaler Potentiale ist ein entsprechendes Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramm zur Sicherung der nötigen Kompetenzen im Unternehmen. Hinzu kommen neue Organisationsformen. Für die Lösung komplexer Sachverhalte reicht das klassische „Control & Command“ nicht mehr aus. In komplexen Situationen muss mit „agilen Arbeitsweisen“ auf wechselnde Anforderungen agiert und reagiert werden können. Für bahnbrechende Innovationen und CO2-Neutralität ist dies mitentscheidend.

Die Erfolgsfaktoren der Digitalisierung sind vielfältig. Dreh- und Angelpunkt ist ein neues Verständnis von Führung und Zusammenarbeit im Unternehmen. Neben der bereits erwähnten Aus- und Weiterbildungs-Offensive sind Datenstrategie, Cyber-Security, Kunden-Zentrierung, Künstliche Intelligenz, Unternehmens-Zweck oder Plattform-Business weitere wichtige Themenfelder, die für einen echten Paradigmen-Wechsel mit Leben gefüllt sein wollen.

Erforderlich sind außerdem die richtigen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen bei Energieversorgung, Infrastruktur, Digitalisierung, Finanzen oder Bildung. Nur mit Geschlossenheit und Entschlossenheit aller Verantwortlichen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft lassen sich die nötigen Entwicklungen hin zur ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Nachhaltigkeit gestalten.

Wer den Dreiklang der Nachhaltigkeit wirklich ernst meint, transformiert jetzt digital, denn mit Nachhaltigkeit ist es wie mit dem Rudern gegen den Strom, wenn man aufhört, treibt man zurück, in der Corona-Krise umso mehr. Der Handlungsdruck in dieser Dekade ist für uns alle besonders hoch, weil sich sonst bestimmte klimatische Effekte nicht mehr korrigieren lassen. Die 2020er Jahre werden zeigen, ob wir dieser enormen Herausforderung gewachsen sind.

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Dr. Colin von Ettingshausen, geboren 1971 in Düsseldorf, Senior Executive, erfahren in digitaler Transformation und nachhaltiger Weiterentwicklung von Unternehmen, Standorten und Geschäftseinheiten. Mehr als 20-jährige internationale Laufbahn in der chemischen Industrie (BASF-Gruppe), zuletzt als kaufmännischer Geschäftsführer und Arbeitsdirektor der BASF Schwarzheide GmbH. Davor verschiedene Führungspositionen in Vertrieb und Marketing für Autoreparaturlacke des BASF Unternehmensbereichs Coatings Solutions mit Stationen in Münster, Johannesburg, Posen, Salzburg und Yokohama. Studium der Betriebswirtschaftslehre in Dortmund und Plymouth (UK). Studium der International Relations, Politics und Economics in Oxford. Silbermedaille im Zweier ohne Steuermann bei den Olympischen Spielen von Barcelona 1992 sowie Ruder-Weltmeister im Deutschlandachter in Prag 1993.