Wirtschaftskrise! Können wir uns die ökologische Nachhaltigkeit noch leisten?

Der Autor dieses Impulsvortrags ist Mo Drescher, ein Gründungsmitglied von New Mittelstand und Gründer des Beratungsbüro MODC InnovationPositive. Zu seinen Kunden zählen Bugatti, Braungart EPEA, Canei, Hermès, Marantec Group, McDonald’s, Ricola und Vieri. Er ist Cradle to Cradle zertifiziert, hat einen Sitz im Advisory Board der Earthbeat-Foundation, sowie im Kuratorium des Architekturpreis Berlin e.V. Zudem ist er ein Teil der Open-Champion Initiative von Marantec Group.

WER NICHTS VERÄNDERT, WIRD AUCH DAS VERLIEREN, WAS ER BEWAHREN WILL.
— Mo Drescher

Es gibt etwas, das steckt in jedem von uns: Wohlstand sichern! Dies hat uns in die Epoche der „Wohlstandsverlustangst“ geführt. Hinter jeder menschlichen Handlung steckt der Wunsch, den Wohlstand zu erhalten. Die logische Folgerung wäre normalerweise, dass der Mensch sich immer wieder aus seiner Comfort-Zone bewegt, den Sprung wagt und sich den neuesten Herausforderungen stellt, um den Wohlstand zu halten.

Oder der Mensch springt, aus Angst alles zu verlieren, nicht und begibt sich dadurch langsam aber sicher ins Mittelfeld. Seit einigen Dekaden passiert in Deutschland genau das.

Rückblende: Vor 55 Jahren und 20 Jahre nach dem 2. Weltkrieg war Deutschland zurück auf der Weltbühne und der Superstar unter den Industrienationen. Der Mythos „Made in Germany“ manifestierte sich zu einem Qualitätssiegel. Überall wollten wir die Nummer Eins sein. Darunter ging nichts und wenn uns seinerzeit ein anderes Land zu nahekam, legte Deutschland immer eine Schippe drauf.

Dann kamen die 1970er und 1980er Jahre und unsere Gesellschaft stellte die Weichen Richtung „Wohlstandsbehalten“, in dem aus Überheblichkeit und Angst heraus die alten Industrien staatlich gefördert und Experimente so gut wie nicht erwünscht waren. Die fetten Jahre gingen vorbei und das Mittelmaß wurde zum Maß aller Dinge. Was meine ich mit Mittelmaß?

Deutschland ist heute nur noch auf Platz 4, was die Anzahl der Patente weltweit angeht. Im Ranking der umweltfreundlichsten Länder stehen wir gerade einmal auf Platz 23 (Dazu gleich mehr.). In der Digitalisierung belegen wir als eines der reichsten Länder nur den 36. Platz!

Die Autobranche hinkt einem Startup im Bereich „Autonomens fahren“, Digitalisierung und E-Mobility aus Kalifornien 10 Jahre hinterher. Die Chinesen sind in der E-Mobilität sogar führend. Jedes Jahr verliert Deutschland etwa 50.000 hochqualifizierte Wissenschaftler, Ingenieure und Fachkräfte an das Ausland. Und unsere Schüler und Studenten belegen im internationalen Vergleich nur einen traurigen Platz im Mittelfeld.

Quellen: Stand 2020 / DPMA. Deutsche Welle. Business-Insider. WELT. Statista. Pisa-Studie.

So wurde Deutschland vom Musterschüler der Wirtschaftswunderjahre zu einem Schüler der heute mit einer drei zufrieden ist. Trotzdem möchte dieser Schüler wie ein Einser Schüler profitieren, um seinen Wohlstand zu erhalten. Frage: Würden Sie Ihrem Kind, dass mal ein Top-Schüler war und aus Bequemlichkeit ins Mittelfeld abgerutscht ist, das gleich hohe Taschengeld bezahlen? Sicher nicht! So werden keine Anreize gesetzt!

Die braucht es aber heute mehr denn je, wenn wir den Abstand zu Industrienationen wie China und den USA wieder verringern wollen. Ein leichter Weg wird das nicht, im Gegenteil, denn die Wirtschaft verändert sich immer schneller. Digitale Technologien sorgen dafür, dass sich das Wirtschaftsleben schon bald jedes dritte Jahr verändern wird! Für einen Effizienz-Weltmeister, der durch günstige Energie zum Exportweltmeister wurde, reicht das heute und in Zukunft nicht mehr. Diese Zeiten sind unwiderruflich vorbei.

Wir kommen automatisch in eine Phase, in der nur noch die Besten, Mutigsten und Intelligentesten überleben werden. Wer also erfolgreich sein und zu den Besten gehören will, muss unweigerlich springen, sich transformieren. Doch wie sollen wir ausgerechnet in einer der schlimmsten Wirtschaftskrise springen, mit der wir jetzt konfrontiert werden? Fakt ist: wenn wir nicht zügig unsere Energiekrise in den Griff bekommen, werden viele Unternehmen pleite gehen oder abwandern.

Fakt ist aber auch: wenn wir nicht schnell unseren Beitrag dazu leisten, CO2 aus der Atmosphäre zu bekommen, dann haben wir in weniger als 5 Jahren den Tipping Point „Of no return“ erreicht. Unternehmen werden in naher Zukunft kein Geld verdienen, wenn die Lebensgrundlagen heute zerstört werden. Uns muss klar sein, dass dann das Projekt Mensch am Ende angekommen ist. Mittelständische Familienunternehmen werden ihre Enkelstrategie nicht mehr umsetzen können.

Daher müssen wir jetzt eine Doppelstrategie fahren und wieder zu einem 1er Schüler werden. Wer bewahren will, muss springen, krasser als jemals zuvor. Fangen wir an unsere Energien nicht in Ängsten und Pessimismus zu investieren. Fangen wir an, diese Krise als die größte Chance seit dem 2. Weltkrieg zu sehen. Noch haben wir einige der besten Wissenschaftler und Ingenieure in unserem Land. Geben wir Ihnen die Plattform u.a. hier beim NewMittelstand, um Dinge zu entwickeln, die #MitderNatur arbeiten.

Quelle: Mo Drescher, MODC

Lasst uns noch konsequenter daran arbeiten, um Produkte in definierten Stoffkreisläufen zu überführen. Lasst uns noch härter daran arbeiten, Geschäftsmodellen zu entwickeln, die unsere Unternehmen zu klimapositiven Unternehmen machen. Lasst uns dadurch die besten Umweltpatente entwickeln und eine neue Industrie aufbauen. Schon bald werden viele Länder diese Produkte brauchen. Natürlich ist das nicht einfach. Natürlich bedarf es extreme Anstrengungen und wir müssen unsere Unternehmen quasi noch mal neu erfinden.

Aber nur so schaffen wir es, Ökonomie und Ökologie sinnvoll miteinander zu verbinden. Sagen wir „No!“ zu „No-Sayern“ die am Status Quo festhalten wollen und durch ihre Ängste nur in ein unschönes Ende investieren. Niemand, der das Leben schätzt möchte irgendwann auf dem Mars dahinvegetieren. Dort kann man weder barfuß am Strand entlanglaufen, die Natur genießen oder den hedonistischen Dingen frönen.

Sagen wir JA zu unserem faszinierenden und so vielfältigen Planeten. Sagen wir JA zu positiven Innovationen. Denn was kann es Schöneres geben, als einen positiven Fußabdruck zu hinterlassen.

Mo Drescher, Gründer & Creative Director MODC, Gründungsmitglied New Mittelstand