Frankstahl - Der Weg zur agilen Logistik

Roman Divoky ist in der Logistik groß geworden. Bei Frankstahl, einem mittelständischen Familienunternehmen, arbeitete er sich vom Disponenten zum Logistikleiter hoch - und kam zunehmend in eine Führungsposition. Dies tat er engagiert, aber irgendwas kam ihm seltsam vor. Das Arbeitsklima war vor allem bei den Lagermitarbeiter:innen, Sacharbeiter:innen sowie den Chauffeur:innen schlecht. Zudem gingen Informationen über neue logistische Abläufe auf dem Weg zu den Mitarbeiter:innen verloren. Roman suchte zwar zahlreiche Gespräche, erhielt als Antwort aber immer wieder, es sei alles gut. Er erhielt einfach nur Zustimmung. Die Verwirrung stieg. Eines Tages im Jahr 2017 kam die Einsicht: Sein “Command & Control”-Führungsstil war veraltet. So entwickelte er eine neue Sichtweise und Einstellung zur Arbeit. Er wollte, dass sich die Mitarbeiter:innen öffnen, sich beteiligen und einbringen.

 

Schritt 1: Analysieren, beobachten - und der Beginn einer Lernreise!

Zuallererst musste er alle Mängel und deren Ursachen identifizieren. Unter anderem beobachtete er, dass kurzfristige Veränderungen und sei es nur, dass eine Mitarbeiter:in zu spät kam, direkt zur Überlastung der anderen Mitarbeiter:innen führte. Zudem erkannte er ein Fachwissen, das lediglich auf den eigenen Arbeitsplatz bezogen war. Dadurch fehlte das Verständnis für die gesamte Logistik und es fehlten Qualifikationen, die jedoch für “Job Rotations” essentiell sind.

Für Roman stand fest, dass sie in der Logistik einen neuen Weg finden mussten, um nicht nur erfolgreich zu bleiben, sondern auch das Arbeitsklima und die Kommunikation zu verbessern. So begann er die Suche nach DER Lösung. Diese fand er in Agilität, was ausgesprochen ungewöhnlich war. Ist Frankstahl doch ein Stahlhandelsunternehmen und kein IT-Unternehmen. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - und Romans persönliche Reise begann.

 

Schritt 2: Vom Logistikleiter zum Dirigenten einer agilen Transformation

Ein großartiger Vorteil der digitalisierten Gesellschaft ist der zunehmend freie Zugang zu Informationen. Dadurch konnte Roman in seinem Selbststudium Lernvideos anschauen, Bücher über Agilität lesen und sich in Online-Stammtischen mit Menschen austauschen, die ihre Unternehmen bereits in Richtung Agilität transformierten. Er bezeichnet letzteres als Informationen, die er in keinem Buch fand

Nach intensiven zwei Jahren begann er ein auf Frankstahl zugeschnittenes Konzept zu schreiben. Allerdings ohne dieses zeitnah vorstellen zu wollen. Dazu fehlte ihm der Mut, wie er gesteht. Doch brachte er diesen in einem Mitarbeitergespräch mit seinem Vorgesetzten auf - und erhielt Zuspruch. Roman durfte ein kleines Pilotprojekt starten; bei Erfolg dürfe er das Projekt ausweiten. 

Begeistert von dem Vorschlag machte sich Roman an die Arbeit. Er trommelte seine Mitarbeiter:innen zusammen und berichtete ihnen von seinem Vorhaben; seiner Vision. Auch die anderen Führungskräfte musste er über seine geplante agile Transformation informieren. Er betonte die Notwendigkeit, eine Kultur auf Glauben & Vertrauen anstatt Command & Control aufzubauen. Die Mitarbeiter:in muss im Zentrum stehen, Neugierde geweckt und Neues ausprobiert werden. Er überzeugte.

Leuchtturm:

Sich gegenseitig gut tun - darum geht es

Wir sehen uns selbst als eine große Familie- die Frankstahlfamilie- und das leben wir auch so! Wir unterstützen uns dabei zu wachsen und gemeinsam einen eigenen Spirit zu schaffen, der jeden, der mit uns in Berührung kommt, ausnahmslos mitreißt.

Head of Logistics:

 

Schritt 3: Von der Theorie in die Praxis

2019 konnte sein Projekt endlich starten. Damals lud er alle Mitarbeiter:innen zu einer Kick-off Veranstaltung ein, in der er ihnen über seine Vision berichtete. Die Message war eindeutig: Fortan liege der Fokus auf die Mitarbeiter:innen; darauf, dass Führungskräfte durch selbstständige, eigenverantwortliche und entscheidungsfreudige Mitarbeiter:innen abgelöst würden. Roman berichtet, dass die Mitarbeiter:innen zwar überrascht, aber dennoch total fasziniert von dieser Idee waren. Sie könnten sich ihre eigene Arbeitswelt gestalten und die Ruder selbst in die Hand nehmen, anstatt aufgrund anderer Faktoren dazu gezwungen zu werden.

Um diese Überzeugung zu illustrieren, wählte er das Bild eines Segelschiffs auf hoher See. Nicht nach dem Motto “Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer [und Frauen] zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer”. Es sollte versinnbildlichen, dass sie auf der Suche nach einer kleinen Insel seien, ohne zu wissen, ob sie diese je finden würden und die Rollen der Mitarbeiter:innen erst noch definiert werden müssten. Von ihnen selbst.

Was für Mitarbeiter:innen ein größeres Maß an Selbstverwirklichung bedeutete, führte bei den Führungskräften zu einem Prestigeverlust. Daran mussten sich einige erstmal gewöhnen. Jedoch ging Roman in der Rolle des empathischen Dirigenten voll auf und konnte sie schlussendlich immer wieder aufs Neue aufrichten. Er nahm ihnen die Angst und weckte ihren Optimismus. Dieses Mindset ist entscheidend, um letztlich alles hinterfragen und neue Wege bestreiten zu können.

 

Schritt 4: Startschuss

Wie besprochen, erarbeitete Roman  die ersten Regelungen für ihre eigene Übersetzung des Begriffs “New Work” in einer 5-köpfigen Kleingruppe. Der Fokus lag besonders auf der internen Kommunikationskultur. Sei es, um die generationsübergreifende Kommunikation zu fördern, mehr Teamgespräche zu planen und Einzelgespräche nur auf freiwilliger Basis zu führen. Dafür war auch der Umbau hin zu einem Open Space vorgesehen. Zusätzlich veränderten sie viel auf organisationaler Ebene: Bürokratieabbau, Rollenvergabe mit transparenter Rollenbeschreibung, die Implementierung von einem Kanban Board, flexible Dienstzeiten plus anonyme monatliche Stimmungsabfragen. Abgerundet wird das Konzept von einem gemeinsam erstellten agilen Fahrplan und gemeinsam definierten Leitsätzen

Inzwischen arbeiten über 100 Mitarbeiter:innen selbstständig und eigenverantwortlich - ohne externe Beratung; ohne direkte Anweisung der Geschäftsleitung. Mehr noch: Was damals teilweise noch belächelt wurde, ist heute Standard, um Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

 

Schritt 5: Erfolge feiern 

Das Kommunikationsproblem war gelöst und damit eine ganz neue Arbeitskultur geschaffen. Fortan konnten sie auf kurzfristige Veränderungen reagieren und sogar ihre Innovationskraft ankurbeln. Die Mitarbeiter:innen gehen motivierter zur Arbeit und wollen gemeinsam etwas schaffen, verbessern, lösen. Die Mitarbeiter:innen als auch die Organisation entwickelt sich dadurch fast schon automatisch weiter. Dank dieses Erfolges darf Roman das Konzept nun auf alle österreichischen Filialen ausweiten. 

Beim Durchlesen von Romans LinkedIn-Newsletter trafen wir auf wunderbare Zitate der Mitarbeiter:innen. Hier eine Auswahl von drei ganz besonderen: 

  • Unglaublich, dass in einer Abteilung ein komplett anderes Arbeitsgefühl vorhanden ist, obwohl sich die Firma im Ganzen nicht verändert hat.

  • Unglaublich transparent, plötzlich weiß ich, was die anderen Kollegen für Probleme haben bzw. woran sie arbeiten.

  • Und wir werden uns wieder neu erfinden müssen. Weiter raus aus der Box, flexibler, lustvoller, das frisch Erlernte umsetzen … freu mich drauf!

Sie zeigen, dass die Freude auf Veränderung viel wirkmächtiger ist, als Angst vor diesen zu haben. Sie zeigen, dass gegenseitiges Verständnis zu Empowerment führt - und das Veränderungen gerne auch klein anfangen können, ohne direkt jedes Detail geplant zu haben. Jedoch gilt auch hier, dass ihr Konzept nicht kopierbar ist, die agilen Methoden und Frameworks jedoch adaptierbar. Wir sind Frankstahl und Roman für die Erkenntnisse sehr dankbar und freuen uns, seine Reise begleiten zu dürfen.